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Donnerstag, 24. März 2022

DER ALTE AM MEER und der Kalender


……sieht auf den Kalender.

Heute ist der 17. März 2022.

Eigentlich ein Tag wie jeder andere, aber für mich ein besonderer.

Heute, vor 75 Jahren, am 17. März 1947 habe ich meine erste Schicht, als Bergmann untertage verfahren.

Auf der Grube Anna 1 in Alsdorf.

Vor 75 Jahren begann für mich ein neues Leben.

Ob es gut war?

Das ist Ansichtssache.

Auf jeden Fall war es für mich damals eine Notlösung.

Ich kam aus Russischer Gefangenschaft.

Ohne Heimatsitz in den Westzonen gab es alle 3 Tage, nur auf den Ämtern, neue Lebensmittelmarken.

So war ich in Rheinland-Pfalz, dann in Bayern.

In Nürnberg las ich eine Werbung, komme in den Bergbau und du bekommst Essen.

Ich wog damals 98 Pfund. ( Heute bringe ich das locker in Kilo auf die Waage).

Essen war das einzige was zog.

Also ab nach Aachen zur Zeche.

Der Weg dahin und was mich dort erwartete ist in diesem Blog verewigt. 

(mal zurückblättern) 

Doch am  heutigen Tage, vor 75 Jahren, fuhr ich in die Tiefe.

610 m tief.

Dort war ich dann erst als Schlepper, dann Hauer, dann Ortsältester und zum Schluss Schiessmeister (damals der jüngste Sprengmeister des Aachener Bergbaus) 

Ich wollte eigentlich nur 4 Wochen bleiben, bis ich meine neuen Lebensmittelmarken bekommen hätte. 

Aber es wurden dann über 15 Jahre. 

Über die Arbeit selbst und wie man damals behandelt wurde, möchte ich heute nicht mehr nachdenken, denn die heutige Generation würde es nie verstehen.

Nur soviel.

Ich bekam als Schlepper untertage für 8 Stunden Arbeit 8,08 Reichsmark. 

Also in der Stunde 1,00 Mark etwa.

Damals war alles billiger?

Na ja, dann lest mal was damals alles kostete.

Der Schwarzmarkt blühte.

Das schlimmste war für mich (und andere) das die Einheimischen unter sich blieben, sich halfen und alle Fremden zum Teufel wünschten.

Soziale Einrichtungen gab es nicht.

Aber was solls?

Ich lebe heute noch.

Alle damaligen und alles andere sind schon lange den Weg alles irdischen gegangen.

Ich möchte nie mehr an diese Zeit erinnert werden.

Das Gute daran war vielleicht dass es dazu führte, dass ich über all das heute nur lächeln kann.

Auch über die heutige von Empathie geprägte Menge.

Wenn es mal darauf ankommt, bleibt nichts mehr davon übrig.

Genau wie vor 75 Jahren zählt immer nur das eigene Überleben.

Das habe ich damals gelernt und das wird auch die jetzige Generation noch einmal lernen.

Ich habe überlebt.

Ohne Schaden an Geist.

Wer kann das noch von sich sagen?

Und jetzt trinke ich mir einen.

Prost Gerhard.

Niemand hat dich untergekriegt.

Und die letzte Zeit schaffst du auch noch.

Jeder wird allein geboren.

Jeder stirbt allein.

Was dazwischen ist, muss jeder überstehen oder untergehen.



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