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Sonntag, 25. September 2016

Der Eschweiler Bergwerks Verein und ICH. (3)


Und wo lag denn nun das Ziel aller Wünsche?
Die Zeche Anna 1 in Alsdorf ?

Die Stadt Alsdorf, im Jahr des Friedens 1947 als ich dorthin verschlagen wurde, war im Aachener Steinkohlenrevier.
Ich muss gestehen, Aachen war irgendwo in meinen Gehirnzellen so mit dem ollen Kaiser Karl verbunden, aber wo das nun lag, das wusste ich nicht.
Immerhin war mir schon klar.
Da irgendwo im Westen kurz vor der Wallachei.

Eigentlich hatte man mich in Nürnberg angeworben mit dem Versprechen:
Satt zu essen.
(Allein das war Grund genug sich auf jedes Abenteuer ein zu lassen)
Ein Fahrrad.
( Etwas wovon man in dieser Zeit noch nicht einmal zu träumen wagte)
Eine Wolldecke.
(Na ja, die konnte man zur Not verscheuern)
Und eine Unterkunft.
DIE musste man haben. Denn ohne die lief nichts.

Die Vorgaben waren also:
Paradiesische Verhältnisse erwarteten mich.

Fangen wir doch mal mit dem  letzten an.
Zu der Zeit musste man für jeden Ort eine Zuzugsgenehmigung haben.
Ohne diese gab es keine Lebensmittelmarken und ohne diese nichts zu essen.
Dann konnte man also hungern, klauen oder sterben.
DAS war 2 Jahre NACH dem Endsieg durch die 
"Befreier von der Diktatur"
Eine Zuzugsgenehmigung bekam man aber nur, wenn man eine feste Wohnung nachweisen konnte und einen Mangelberuf ausübte.
Z.B. Maurer.
Nur, ein Fremder hatte ja nie eine Wohnung. Woher auch? 
Denn dann war er ja kein Fremder mehr. Im übrigen, es gab ja keine Wohnungen, noch nicht einmal für die Einheimischen selbst.
Also bekam man meist auf dem Amt Lebensmittelmarken für 3 Tage und musste weiter ziehen.
Das hatte ich ja nun schon über ein Jahr hinter mir.

Neue Frage.
Hatte man Marken, und es gab irgendwo was, womit sollte man das denn nun bezahlen?

Na, man musste eben Marken verkaufen, dann hatte man etwas Geld um mit diesem dann den Rest der Marken, wenn man Glück hatte, irgendwo was zu ergattern.

Die anderen zwei materiellen Versprechungen waren Lockangebote, die nie erfüllt wurden.
In Versprechen war der EBV immer erste Sahne.
Im halten sah es schon ganz anders aus.

Satt zu essen.
DAS war was.
Ich war vorher in Russischer Gefangenschaft und wog unter 100 Pfund.
Heute habe ich mehr an Kilo drauf.

Ich hatte nichts zu verlieren, die Eisenbahnfahrt war frei, auf in das "gelobte Aachener Revier" zur Zeche Maria in Mariadorf.
Über diese Abenteuerreise steht auch mehr in diesem Blog.
Immerhin dauerte die Fahrt von Nürnberg bis Aachen bald 
2 Wochen.

Das ich nicht in Mariagrube angenommen wurde und warum, kann man hier im Blog weiter vorher nachlesen und ich möchte auch vieles hier nicht wiederholen.

Also Alsdorf!
Alsdorf war für mich, der aus Berlin stammte, so etwas wie  ich es aus schlechten Filmen kannte.
Eine Stadt voller Dreck. (im übrigen heute auch nicht viel besser)
Die "Hauptstrasse" mit Kopfsteinpflaster, an den Seitenstreifen Kies der im Sommer Staubfahnen aufwirbeln liess.
Ein Mittelpunkt der sogenannte "Denkmalsplatz"
Hier standen alle paar Stunden zwei Männer auf der Strasse mit Fahnen und hielten den spärlichen Verkehr auf damit der "Heckenströfer" die Hauptstrasse überqueren konnte um seinen Endpunkt zu erreichen.
Dieser war ein riesengrosser Platz. 
Eine kleine Bude stellte den Bahnhof dar.
Das schönste war, das dieser ganze Platz mit Asche abgedeckt war, die entweder bei Regen eine Schlammwüste bildete oder im Sommer Staubwolken entliess.

Auf der Strasse fuhren zweirädrige Pferdekarren Kohlen oder Kohlenschlamm durch die Botanik.
Alle Häuser grau in grau.

In den Kolonien der Bergmannshäuser war Kies auf den Strassen als Belag.
Keine Kanalisation, dafür aber Plumpsklos in den Häusern.

Auch Richtung Schaufenberg kam das Abwässer der Haushalte durch ein Rohr in den Hauswänden auf die Strasse und floss in der offenen Abflussrinne irgendwo hin.
Schon interessant zu sehen, was von jedem Tisch kam und nicht gegessen wurde.
Nur stehen bleiben sollte man nie an der Hauswand, denn dann konnte es passieren das ab  Kniehöhe die Jauche aus der Küche des Hauses dir in die Hosenbeine lief.
Kurz:
Alsdorf.
Eine Oase des Wohlfühlens und der Behaglichkeit.

Dazu Menschen wie überall.
Auf sich selbst gestellt und bezogen.
Fremde waren schon damals in Alsdorf unbeliebt.
Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Immerhin war es ja auch hier kein Urlaubsgebiet und eine ganz andere Epoche.
Jeder musste sehen wie er überlebte und zurecht kam.
Zu dieser Zeit möchte ich allen Menschen Absolution erteilen.
Überleben war angesagt und nicht Mildtätigkeit.

In der Mitte der Hauptstrasse nun  ein grosses, langgezogenes dreckiges, Verzeihung, graues, Gebäude.

Das Ziel der Begehrlichkeit.
Die Zeche Anna 1.

Heureka, ich war angekommen.
Ehrfürchtig sah ich die breite Eingangstreppe.
Dort werde ich übermorgen hinaufgehen.
Dort wird sich mein Glück mir dartun.

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