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Freitag, 30. September 2016

Der Eschweiler Bergwerks Verein und ICH. (8)


Doch nun war es endlich so weit.
Der erste Tag als untertage Bergmann begann für mich.
Heutzutage gibt es ja noch eine übertage Anlernzeit, damals gab es nur Gezähe (Werkzeug) und runter.
Es war Montag der 17.3.1947 
(glaube ich wenigstens :-))))))))

Morgens nun zur Zeche.
Dort wurde ich endlich angelegt (Personalien usw) und war fortan nicht mehr der Mensch Gerhard Guelde, sondern die Markennummer 1715.

So wurde ich auch behandelt und so reagierte ich auch in all den späteren Jahren.
Eine Nummer.
Mehr nicht.
Eine Nummer die eine Leistung zu erfüllen hatte, und dafür entlohnt wurde.
Basta.
Aber ich bin immer eine Nummer mit einem eigenständigen, wachem Gehirn geblieben.
Zum Ärger vieler.
Bis heute.

Es war auch in Ordnung so und ich habe mich in meiner Haut auch immer sauwohl gefühlt.
Ich wusste immer wo ich hingehörte. 
Aber DAS wollte ich auch immer wissen und erwartete das ich respektiert wurde.
Zwischenmenschliche Beziehungen gab es zwangsläufig durch das enge Zusammenleben- und halten während der Arbeitszeit mit den Männern meines Drittels.
Ausserhalb derselben dagegen sehr viel weniger.
Jeder der Fremden, der "Imis", hatte mit sich selber genug zu tun und die "Einheimischen" die "in" waren, blieben immer unter sich und halfen sich auch nur gegenseitig.
Das mag sich in späteren Jahren vielleicht geändert haben, aber ich gehörte zu den allerersten "Imis" dort nach dem Krieg.
"Imis" ach ja. Das war die Bezeichnung für einen "Imitierten" also nicht aus dem Revier stammenden Fremden.
In meiner später angeheirateten Familie war ich es über 61 Jahre lang.
Mich hatte das nie gestört.
Wie so vieles nicht.
Nur die Familie hat sich nie damit abfinden können.
Ich war und blieb 61 Jahre ein Fremder für die.
Nach dem Todestag meiner Frau vor über 8 Jahren, habe ich bis zum heutigen Tage nie mehr etwas von denen gehört oder wenigstens einen Anruf bekommen.
Sie haben eben  vergessen, das so manches bei ihnen aus meiner Tätigkeit als Bergmann bei ihnen landete.

Als ich am  ersten Tag am Eingang rechts, an der schwarzen Tafel stand um die Informationen zu lesen und mich damals ein Mann ansprach und sagte:
"Was steht da, lese mir das doch mal vor"
???????????
"Ich kann nicht lesen"
Ich mir dann die neu angesehene Heimat (Umgebung) in der ich gelandet war, vorstellte, hatte ich meine Meinung gefasst und wusste, hier droht dir keine Gefahr.
Im übrigen, für mich als Städter, der erste Analphabet  meines Lebens.
Es war kein Ausländer, die gab es damals hier noch nicht.
Im übrigen, "traumatisiert "waren die damaligen Kriegsheimkehrer, wie ich, auch nicht. 
Das konnte man sich nicht leisten.
Und auch Gutmenschen hatten noch kein Feld gefunden um sich für ein eventuelles späteres imaginäres "Gericht" ihre Seele frei zu kaufen.
So viel Gefühlsduselei konnte man sich damals nicht erlauben.

Nun das Gebäude selbst.
Oben am Treppenabsatz zwei  Eingangsflügeltüren, dahinter, in der Mitte, ein Kabuff.
Links und rechts schmale Fensterklappen.
Drinnen werkelten zwei Mann.
In ihrem Rücken eine  grosse Tafel mit Messingschildchen.
Nummeriert von 1 bis ?????????
Dort trat man vor die Luke, rief, wie ich z.B. "1715", bekam eine Marke vom Brett, und war damit sichtbar von der lebendigen Welt abgemeldet und in die  Welt der Grube eingetaucht.
Da man, bei verlassen des Geländes, seine Marke wieder an der anderen Seite abgeben musste, war immer klar:
War die Nummer am Brett frei, war derjenige noch innerhalb des Grubengeländes über-oder auch untertage.
Einfache Angelegenheit, völlig ausreichend und blitzschnell informierend.

Rechts ein langer Gang.
Das erste Zimmer, das Betriebsratszimmer.
Vertreter irgendwelcher Parteien sassen dort rum.
Gewählt oder bestimmt, auf sich selbst bedacht, ihre Pfründe absichernd, genau so wie es auch noch 50 Jahre später gang und gäbe war.
Ein Mann fiel mir auf.
Gross und kräftig. Lautstark. Und immer ansprechbar.
Ich glaube er hiess Hans Hans. (?) 
Er war der einzige Kommunist dort.
Aber auch, in meinen Augen, der einzige Arbeitervertreter.
Wurde aber auch nicht allzu alt dort.
Ich glaube der Vorsitzende hiess Hans Krüttgen oder so ähnlich.
Ihre hautsächliche Arbeit bestand in späteren Jahren darin, sich selbst ins rechte Licht zu versetzen und die Ausgabe der IK-Waren, der Care-Pakete und mit Hilfe vom "Punkte Jupp" (Schommers Jupp) die Verteilung der Hilfsgüter zu organisieren.
Oder sagen wir besser, zuzuteilen.
Immer unter der Prämisse:
War es für  einen Imi oder einen Einheimischen bestimmt?

Morgen erkunden  wir mal weiter

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