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Mittwoch, 12. Oktober 2016

Der Eschweiler Bergwerks Verein und ich. (20)


Zur Seilfahrt begab man sich zum Fördergerüst.
Dort stellte man sich in einer Reihe an.
Der vierstöckige Korb fuhr vor und wo sonst die Förderwagen standen drängelten sich jetzt auf jeder  Etage 
ca. 12-15 Kumpel um ein zu fahren.
Dicht an dicht.
Die Signalglocke ertönte.
3 Schlag, abwärts.
2 Schlag war aufwärts.
Ein Schlag Halt.

Die Fahrt begann.
Die Geschwindigkeit bei der Förderung betrug etwa 18 m pro Sekunde.
Bei der Seilfahrt gute 8 meter pro Sekunde.
Ein leichtes vibrieren, vor den Augen die schnell vorbeigleitende, schwarz glänzende Spurlatte.
Ein Druck auf die Ohren, den man aber selbst beseitigen konnte.

Unten, im Füllort, die gleiche Prozedur in umgekehrter Reihenfolge.
Neue Kumpels raus, müde Kumpels rein für die Fahrt ans Tageslicht.
Ein "Glück Auf" ist das einzige was man hörte.

Daran hat sich im Laufe der Jahre nichts geändert.
Die einzelnen Sohlen waren bei meiner Arbeit auf Anna 1 die 360 m/S und die 610m/S.
Es gab noch höher liegende wie die 245 m/S und darüber.
Ich war zwar mal inoffiziell dort, aber sie waren zum grössten Teil schon geraubt.
Gespenstisch allein, in geraubten Querschlägen, zu stehen.

Das elektrische Licht untertage war nur im  Füllort oder in den ersten Metern des Querschlages vorhanden.

Vor Ort gab es manchmal Druckluftlampen.
Eine Lampe die mit Druckluft einen Dynamo antrieb.
Damit war es vor Ort schon besser möglich die Ortsbrust zu übersehen.
In den Streben war keine Beleuchtung. 
Nur seine eigene Pottlampe.

Hier, vom Füllort aus, verteilten sich nun die hunderte von Kumpels in alle Richtungen um an ihre Arbeitsstellen zu gelangen.
Ganz in der Nähe war die E-M Werkstatt für die Fachberufe.
Auf der anderen Seite die Sprengstoffkammer.
Hier lagerten Tonnen von Amongelit und Dunnerit.
Meine persönliche, bald täglich anzulaufende, erste Station.
Jedes Paket von 2,5 kg. Sprengstoff war nummeriert und wurde gegen Quittung verausgabt.
So war immer klar, wer welche Patrone, wo verwendet hatte.
Wenn man welche im Haufwerk fand.
(Natürlich nur die, die nicht gezündet waren.)
Dazu zehnstufige Zeitzünder und Momentzünder.
Und, wenn nötig, eine kleine Handzündmaschine.

Ich persönlich war in der Aus- und Vorrichtung.
Wie die meiste Zeit in meinen 15 Jahren untertage.

Nach relativ kurzer Zeit wurde ich Ortsältester.
Man würde übertage sagen: Vorarbeiter.
Bekam meine 5 Kumpel, alles "Imis" als Mitarbeiter.
In späteren Jahren auch Ungarn und Jugoslawen.
Auch diese wollten nur arbeiten und Geld verdienen.
Also null Probleme. Was man von manchem Deutschen (Einheimischen) nicht immer sagen konnte.
10% mehr Lohn war für mich drin aber auch eine vierdrittel Schicht die Folge.
Das bedeutet.
Alle 6 Stunden Schichtwechsel.
Seilfahrt immer um 6 , 12, 18 und 24 Uhr.
Eine Stunde untertage Anmarsch, sechs Stunden Arbeit, eine Stunde Rückmarsch.
Fliessende Übergabe der Arbeit vor Ort.

Nach ein paar Jahren wurde ich Schiesshauer.
Ich war der erste "Imi" und auch der jüngste Schiesshauer im Aachener Bergamtsbezirk.
"Schiessen" bedeutet im übertage Sprachgebrauch : "Sprengen"

Nach etlichen Jahren wurde ich Schiessmeister vor Ort.
Den Kursus musste ich in der Bergschule Aachen beim Dipl. Ing. Hohlhorst absolvieren.
Dieser war auch in Deutschland Schiesssachverständiger.

Dadurch war ich nun ein Zwitter geworden.
Denn im Normalfall war ein Schiessmeister jemand, der nur zu bestimmten Örtern ging um zu schiessen und im festgelegten Lohn bezahlt wurde.
Er arbeitete nicht mehr körperlich.

Ich aber behielt meine  5 Mann, meinen Ortsältestenstatus, musste mitarbeiten und zusätzlich schiessen.
Das wurde durch irgendein Gesetz erzwungen das besagte, das Ortsälteste nicht mehr schiessen dürfen.
Mein Lohn betrug damit aber nun auch 12 Zehntel des erarbeiteten Accordlohnes.

Querschläge, Strecken, Senkschächte, Aufbrüche aber auch Aufhauen waren unser Gebiet.

Es kristallisierten sich dabei nun einzelne Drittel heraus.
Der Fahrsteiger Mommertz legte nun 4 davon zusammen und bevorzugte deren Behandlung in Bezug mit Materialausstattung.
Wir vier Drittel blieben über viele Jahre hinweg zusammen.
Einer von uns vier Ortsältesten bemängelte vielleicht mal einen Panzerförderer ob seiner Leistung oder so etwas, sofort wurde der ersetzt.
So ergab es sich auch, das unsere Gruppe eines Tages mal die grösste Meter Auffahrleistung seit Bestehen des EBV fuhr.
Was waren wir stolz.
Wir bekamen dafür auch unseren verdienten Lohn.
Nur, ab nächsten Monat wurde uns auch das Metergedinge gekündigt und tiefer gelegt.
Das hiess: Mehr Arbeit für weniger Geld.

So etwas nennt man einen Phyrhuserfolg.
Ich habe daraus gelernt.












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