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Sonntag, 2. Oktober 2016

Der Eschweiler Bergwerks Verein und ICH. (10)


Es  waren aber damals noch zwei wesentliche Aspekte vorhanden, Bergmann zu sein.
Abgesehen davon, das man, wenn man nicht untertage ging, keine Zuzugsgenehmigung erhielt.
Diese war unabdingbar nötig und wurde polizeilich auf den Strassen überprüft.
Das heisst:
Ansonsten Weiterreise  nach spätestens 3 Tagen.
Keine Lebensmittelmarken über 3 Tage hinaus.
Auf die Landstrasse!
Ich muss im Moment da so an das Theater denken was mit den Krimigranten zur Zeit aufgeführt wird.
Wir waren Deutsche!!!
Wer hat uns je geholfen oder dieses heutige Affentheater aufgeführt?
Es hiess ganz lapidar:
Untertage oder haue ab und sehe zu wie du überlebst.

Doch zu den übrigen Gründen.
Ein "normaler "Arbeiter hatte um 17 Uhr, oder später erst, Feierabend.
Der Bergmann aber hatte schon um 14 Uhr Schichtende.
Das war gut für alles was man noch zu Hause zu erledigen hatte.
Vor allem in seinem Garten werkeln damit der Ofen raucht.
Worte wie: Freizeit, Chillen, Amüsieren, Mode, Events oder auch nur rum zu lungern, wurden erst viel später erfunden.
Ich denke mal, jeder Bergmann hatte mit Blick auf seine Familie und der damaligen Zeitumstände, einen 16 Stunden Tag.
Ob es damals auch manche Frau oder die Kinder je verstanden haben, das Papa müde oder schlechter Laune war wenn er nach Hause kam?
Ob sie wussten WIE Vater das Geld verdiente?

Der zweite aber war viel viel wichtiger:
Jedesmal wenn man am Kontrollmarkenschalter seine Markennummer abrief, bekam man ein Butterbrot.
Und was für eines!
Gross und gut belegt.
Vor allem mit Auflagen die man ja nie zu kaufen bekam.
Ich weiss noch, das manche ihr Brot den mitgekommenen Kindern zum essen gab, und sie selbst darauf verzichteten.

Das einzige war damals an Esswaren zu kaufen  war, 
(es gab ja noch Lebensmittelmarken) wenn überhaupt, 
das man sich manchmal auf der Bahnhofsstrasse bei der "Hillko" anstellen konnte um nach 2 Stunden ein warmes Maisbrot zu bekommen.
Oder auch nicht, wenn es eben ausverkauft war.
Ich glaube, ich habe seit dieser Zeit eine Maisphobie.
Denn wenn ich heute diese "Güllekugeln" im Salat habe, weiss ich, das ich ihn zurück schicke.
Ich muss bei allem Dreck den ich heute vorgesetzt bekomme, nicht noch freiwillig Schweinescheisse fressen.

Doch zurück zu den "Botterams"
Manche Bergmänner waren eben clever.
Auf der einen Seite die Markennummer aufgerufen, das Butterbrot bekommen, auf der anderen Seite die Marke wieder eingeworfen.
Das das nicht lange gut ging, war klar.
Aber wenn man doch Hunger hatte ???????????

Zusätzlich noch ein Schmankerl.
Am Ende der Schicht, bekam man in dem Raum mit den Bänken, noch einen Schlag Suppe.
Um 24 Uhr machte diese "Küche" Schluss.
Darum waren zwei Dinge wichtig.
Nie nach 23 Uhr ausfahren, denn dann war nichts mehr mit Suppe.
Oder aber wie ich, auf der Bank warten, ob um 24 Uhr noch was im Kessel übrig war.
Dieses wurde dann in einer Blechbüchse mit nach Hause genommen.
Meine Frau hat oft darauf gewartet denn es war die einzige warme Mahlzeit.
Aber wie gesagt.
Oft hat man auch vergeblich dort auf der Bank vor sich hingedöst.
Auffällig war damals schon, das es nur " Imis " waren die dort auf den Rest Suppe warteten.
Nie Einheimische.
Na, vielleicht waren deren Hungergefühle nicht so ausgeprägt als die der Fremden.
Ich möchte nicht unterstellen, das DIE es nicht nötig hatten zu betteln.

Da fällt mir auf, das ich hier immer von Bergmännern spreche und nie Bergleute sage wie es heute üblich ist.

Ich denke mal, "Leute" sind alle Menschen, das ist nichts besonderes.
Bergmänner aber sind:
Richtige Männer und keine Luschen oder Salontiroler die mir heute geschniegelt und abgeleckt an jeder Strassenecke begegnen.
Jeder Furz haut die um.
Wenn ich damals des Nachts um 3 Uhr im Winter von der Schicht meine
5 km zu Fuss nach Hause lief, kam ich von der heissen Dusche in die kalte Winternacht.
Bis zu Hause waren meine Haare steif gefroren sodass man sie abbrechen konnte.
Komisch, ich wurde nie krank und habe heute noch mehr Haare als die heutigen  täglichen Warmduscher mit ihren Föns und sonstigen Mittelchen.
So etwas neumodisches wie Anorak mit Kapuze war zu dieser Zeit völlig unbekannt.

Bergmänner waren und sind eben Kerle.
Fähig jeden Beruf aus zu üben.
Denn ein Bergmann muss ALLES können und alle Berufe in sich vereinen.
Dazu Mut und Selbstbewusstsein haben.
Vor allem:
Man muss sich auf ihn verlassen können.
DAS zeichnet einen echten Bergmann aus.

Wer das nicht brachte, der war es nicht lange.
Manche gingen auch zur Bergschule.
Aber das war wieder eine ganz besondere Art von Menschen.
Dazu muss man geboren sein.
Als Steiger untertage zählt nur der, der hohe Leistung mit wenig gezahltem Lohn herauspresst ohne selbst Hand anzulegen.

Vielleicht habe ich auch darum seit dieser Zeit ein gespanntes Verhältnis zu Steigern.
Immerhin wurde meine damalige Aversion gegen diese Menschen in meinem späteren Berufsleben hundertfach bestätigt.
Ich ticke eben anders.

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