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Donnerstag, 12. März 2015

St. Goar (1947-1)


Nun erst mal umsehen.
Wo war ich überhaupt gelandet? 
10-12 Männer schauten mich nicht gerade liebenswürdig an.
Ein Fremder!!!!!
Ein Spion?

Aber auch diese Männer erlagen bald meinem, 
mir angeborenem, Charme.

Fakten:
Es waren alles Schmuggler die man erwischt hatte.
Sie warteten alle auf ihre Gerichtsverhandlung.

Die Zelle selbst war mehr ein grosses Zimmer mit Doppelstockbetten.
Das vergitterte Fenster ging auf die Hauptstrasse hinaus.
Dahinter war der Rhein zu sehen.
Mir wurde also nun gesagt, das am anderen Ufer, 
gegenüber, St. Goarshausen wäre, mit dem Felsen auf dem mal die Loreley gesessen haben soll.
Ich habe sie immer gesucht wenn sie ihr langes Haar kämmt.
Jetzt aber war sie wahrscheinlich auch auf Achse.
War aber schön sich so etwas vor zu stellen.

Ich erzählte den Männern meine Geschichte und sie glaubten mir letztendlich auch, das ich kein Spion war.

Nachtruhe.
Nächster Morgen.
Die Tür wurde aufgeschlossen und man konnte in einen Speiseraum gehen.
Dort war etwas zu essen und zu trinken aufgebaut.
Ich wunderte mich schon, warum ich allein da sass. 
War mir egal, denn nun war alles meins!
Ich glaube, ich habe alles gefressen was da stand :-)))))

Zurück wieder in die Zelle.
Da war die Erklärung.
Alle sassen dort und frühstückten.
??????????
Aber was! Das war mehr eine Völlerei. 
Dinge die ich noch  nicht einmal vom Namen kannte.

Im Laufe des Tages bekamen einige Mitgefangene immer Besuch.
Ob Frau, Freundin oder sonstwer weiss ich nicht.
War mir aber auch völlig egal.
Denn, die Damen brachten Wein und Lebensmittel mit.
Einen Teil davon bekamen die Wachmannschaften.
Denn diese waren genau so beschissen versorgt wie der normale Bürger.

Da meine Kollegen alles Winzer oder Bauern waren, waren die Mitbringsel der Besucherinnen dementsprechend.
Wein aus den eigenen Wingerten oder etwas vom letzten Schlachtfest.

Manchmal wurde auch eine Decke vor ein Bettgestell gespannt.
Was der Mensch braucht, muss er eben haben.
Dann wurde eben etwas lauter gesprochen und etwas mehr getrunken.

Und ich ?
Ich durfte teilnehmen am Gelage.
Bedingung: Nichts gesehen , nichts gehört.
Habe ich auch nicht.
Ich war aufgenommen.

Alle paar Tage wurden einige abgeholt und durch neue ersetzt.
????????
Na, sie kamen vor ein Gericht.
So weit wie ich erfuhr, waren sie alle nicht zum ersten male da drin.
Sie kannten sich alle untereinander, und auch die Prozedur.
Es war eigentlich mehr ein nie endenwollendes Familienfest.
Es gab immer eine fröhliche Verabschiedung.
Ich habe leider nie mehr einen von ihnen wieder gesehen.

Immerhin hatte ich zum zweiten male Bekanntschaften mit Schmugglern gemacht.
Und beide male nur positive Erfahrungen gemacht.
Möget ihr alle da oben  im Himmel, nur Freude haben.
Denn das ihr da oben seid, da bin ich mir gewiss.
Urwüchsig, ehrlich, fröhlich und mildtätig.
In meinen Augen ist mancher, der nicht nach dem Gesetz lebt, ehrlicher als der ach, so tugendsame Bürger.

Am Tag schaute ich den Rheinschiffen auf dem Strom zu.
Oder zur Burg Katz und Maus. (oder so ähnlich)
Auf der Strasse war auch immer was los.

Immer wieder unterbrochen von neuem Besuch, von neuem  Essen oder die Pausen mit Wein trinken.

So ungefähr muss es in der Fledermaus von Johann Strauss zugegangen sein.

Hier lies es sich aushalten.
Hier war ich gern Gefangener.
Von mir aus die nächsten Jahre.

Ich dachte schon man hätte mich da vergessen.

Doch eines Tages war es soweit.

Man eröffnete mir, morgen werde ich vor Gericht gestellt.

Na und?

Ich hatte nämlich begriffen, welches Glück ich hatte.
Ich hatte ja noch  meine unangetasteten Lebensmittelmarken im abgegebenen persönlichen Beutel bei den Wachmanschaften.  

Entweder blieb ich hier noch was und lebte besser als in Friedenszeiten, oder ich kam raus und hatte für 10 Tage doppelte Ration. ( die gesparten Lebensmittelmarken )

Wenn man vollgefressen und halb besoffen ist, denkt man :
Von nun gings bergauf.

( Dachte ich wenigstens) 

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