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Sonntag, 22. März 2015

Streckenvortrieb


Auf der Grube ging nun immer alles seinen Gang.
Ich war kaum zu Hause.
Nahm alle Schichten mit.
Wechselte auch schon mal den Einsatzort.

Die Regierung erkannte langsam, das das wichtigste was sie brauchte, Steinkohle war. 
Um nun mehr Arbeitskräfte an zu locken, aber auch den Untertage Leuten was zu essen zu geben, gab es IK Punkte.
Gute Idee, nur leider in der Ausführung, für mich, Scheisse.
Warum? Ich hing wieder einmal am Tropf der Einheimischen.

Die Menge der Punkte richtete sich nach dem Bruttolohn.
Dann kam irgend eine Lieferung von den Besatzungsmächten.
Mehl, Kaffee, Speck, Butter, Büchsenmilch, Tomatensuppe, Fertiggerichte, eben alles das, was da irgendwo aus Truppenbeständen übrig war.

Der Betriebsrat teilte dann den jeweiligen Dingen eine bestimmte Punktzahl zu.
Das hiess also mal als Beispiel:
Für je 10,00 Mark Bruttolohn, 1 Punkt.
Eine Büchse Speck hatte dann vielleicht 5 Punkte, 
1 Büchse Fertiggericht vielleicht 2 Punkte usw.

Bis hierher war es ja noch klar, nur wenn es zur Ausgabe kam, bekamen die Einheimischen, meinetwegen sagen wir mal, auf Grund ihrer Punktzahl:
 5 Büchsen Speck, 3 Dosen Büchsenmilch usw.

Ich, als einer wenigen Fremden bakam dann, gemäss meiner Punktzahl:
1 Büchse Marmelade, 1 Büchse Fertiggericht und 10 Pakete Gewürze.
Diese Spiel ging über Jahre.
Da bekam ich schon einen Vorgeschmack über die Arbeit eines Betriebsrates und seiner Unvoreingenommenheit.

Die einzige Gerechtigkeit lag in der Vergabe der Care Pakete. 
Hier spielte "Punkte Jupp" seine Rolle.
Da bekam jeder Mann das Gleiche , wenigsten dachte man, obwohl es auch da wieder gewaltige Unterschiede gab.
Die aber waren erst mal nur sekundär da hier nicht so offensichtlich beschissen wurde.

Der 5.8.1948 war der Tag meiner Hauerprüfung.
An dieser schloss sich naturgemäss eine Feier an.
Diese fand immer Alsdorfer Kasino statt.
Das hiess also in diesem Fall.
Ca. 20 Bergleute plus ihren Frauen oder Freundinnen.
Dazu die ganzen Steiger, Fahrsteiger, Obersteiger und wer weiss was für Leute.
Immerhin waren immer viel mehr Gäste da, als neue Hauer.
Im Prinzip war das uns ja egal, da es immer einen Zuschuss von Seiten des EBV gab.
Und genau deshalb waren ja  auch die vielenGäste vorhanden.
Es artete immer in einem riesigen Besöffnis aus.
Steiger prügelten sich bei unserer Feier bis das der Obersteiger eingriff. 
(Steiger Braun aus Warden)
Das war aber immer so und Tradition.

Hier wurde die Losung in die Tat umgesetzt:
"Des Bergmanns Glück und Sonnenschein, ist Poppen und besoffen sein"

Ich war nun auch ein Hauer mit 10/10 Lohn,
Anfang Januar 1950 wurde ich auch noch Ortsältester in der Vorrichtung.
Immerhin war ich ja erst kanpp 2 1/2 Jahre untertage.

Um das nun zu krönen, legte ich am 11.3.1950 meine Schiesshauerprüfung ab.
Damit war ich der jüngste Schiesshauer im Oberbergamt Bonn (oder Deutschland sogar?)

Bekam nun meine 3-4 Mannen.
Natürlich einen "Imi" und 2 Jugoslawen.
Wer von den Einheimischen wollte schon auf das Drittel eines "Freemen?
War mir aber mehr als recht.

Auch das ging mir so am Asch vorbei:
Wir waren hungrig.

Meine Mannen und auch ich.
Wir wollten Geld verdienen.
Und das taten wir auch. 
Wir bekamen nichts geschenkt.
Auch die anderen Drittel waren ähnlich besetzt.

Und so waren wir immer eine gesuchte Mannschaft im Strecken auffahren.
Hatten auch Vorteile.
Fahrsteiger "Mommertz" war mein Boss.
Wenn wir sagten, da und da muss ein neuer Antrieb her oder wir brauchen anderes Material, das kam. 
Und zwar pronto!
Und wir brachten Leistung.
Unsere 4/3 Belegschaft fuhr dann eines Tage einmal die grösste Streckenauffahrleistung in der Geschichte des EBV auf.

Das wir uns dabei selbst immer wieder in den Asch bissen, kam erst viel später auf.
Wenn man jung ist, ist man noch stolz.
Merkt gar nicht das andere profitieren und man selbst ausgelacht wurde.

Beispiel.
Durchschnitttslohn allgemein : 15,00 DM
Wir bekamen für den meter Strecke 180,00 DM
Wir verdienten, auf Grund unserer Leistung, sagen wir mal 22,00DM die Schicht.
Das war Spitze!

Wurde auch ausgezahlt.
Da jeden Monat aber neu das Gedinge verhandelt wurde, bakamen wir im nächsten Monat eben für den Meter nur noch 160,00DM
Also, noch mehr Leistung oder weniger Lohn.
Der Meterpreis wurde , innerhalb eines Jahres auf die Hälfte gedrückt.
Es gab Trabbel, wir wurden auseinander gerissen und bekamen neue Aufgaben, und auch getrennte Drittel.

Nun, es wurde anders, aber nicht besser.

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