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Freitag, 13. März 2015

St. Goar (1947-2)



Ein kleinerer Saal.
3 meiner Kollegen aus der Zelle und ich.
Vorn 3 Männer in Uniform.
Rechts zwei in Uniform.
Links ein Herr und eine Dame in Zivil.
An der Stirnwand die Französische Fahne.
In der Mitte des Raumes ein Stehpult.

Es wurde ein Name aufgerufen.
Derjenige ging zum Pult.
Rechts wurde was gesagt.
Links wurde was gesagt.
In der Mitte wurde genickt.
Der Hammer schlug auf den Tisch.
Der Mann in der Mitte ging links zu dem einen Herrn, gab dem die Hand, ein fröhliches Winken und er ging raus.
Da alles auf Französisch vor sich ging, ich davon kein Wort verstand, war es mir auch völlig egal was da passierte.
Viel interessanter waren für mich die Rheinkähne die ich durch die rechte Fensterfront sah.

Meine drei Zellengenossen waren dann weg.
Auch der Herr links.
Das war bestimmt der Verteidiger der drei gewesen.

Ich wurde nun aufgerufen.
Ging zum Pult. 
Dasselbe Spiel begann.
Rechts, Links, Mitte, und.....
Kauderwelsch, Blicke, ach was war mir das alles so Wurscht.

Die Dame wandte sich dann an mich auf Deutsch.
" Gestehen Sie ?" 
" ????????????, Erst einmal, wer sind sie? 
Und was soll ich gestehen? Ich habe doch nichts gemacht." 
" Ich bin ihre Pflichtverteidigerin. Ich habe mir ihre Papiere angesehen und kenne ihren Fall. Ich werde beantragen die Anklage noch  einmal verlesen zu lassen und werde sie ihnen dann übersetzen"

So war es.
Der vorn, in der Mitte sprach inPausen, und sie übersetzte:

" Anklage wegen:
Illegaler Grenzübertritt.
Verletzung Alliierter Kontrallratsgesetze.
Fehlende Identitätspapiere.
Verdacht auf Schmuggel.
Verdacht dem Wehrwolf an zu gehören.
Widerstand gegen  die Französische Militärpolizei.
Beleidigung des Französischen Staates.
Tätlichkeiten gegen Französische Soldaten.
Und, und, und, und "

Ich weiss nicht mehr was mir da alles vorgehalten wurde.

Nach der Anklage drohte mir mindestens die Todesstrafe.

Ich wurde klein  und kleiner.
Ich hatte nie gedacht, das ich allein das alles gemacht haben soll.
Ich war doch nicht besoffen gewesen?
Oder doch????
Ich hatte den Soldaten bzw. Polizisten nur meine Meinung gesagt und was ich von ihnen halte.
Mehr nicht.
Ehrenwort!

Das weitere spielte sich dann wieder auf Französisch ab.

Es wurde das Urteil verkündet:
11 Tage Haft. Anrechnung der Untersuchungshaft.
Annahme?
Ja!

Raus. Die Verteidigerin draussen, dachte nun, das ich ihr um den Hals fallen würde. Sie konnte nicht begreifen , das ich sooooo glücklich gar nicht war. 
Sie hatte das Strafmass von einem halben Jahr auf 11 Tage herunter gehandelt, wie sie mir erklärte.
So gut und sicher wie im Gefängnis von St. Goar, habe ich doch seit Jahren nicht mehr gelebt.
Ich hätte, ohne mit der Wimper zu zucken , auch 1 Jahr akzeptiert.
Es ist nicht immer gut, eine gute Verteidigerin zu haben.

Zurück in meine Zelle.
Musste ja noch eine Nacht bleiben.
Mein Abschied wurde gebührend gefeiert, weil es nicht üblich war, das jemand noch einmal nach dem Richterspruch zurück kam. 

Am nächsten Morgen wurde Abschied genommen.
Ich brauchte für die nächsten Tage keine Lebensmittelmarken mehr.

Danke allen Schmugglern dieser Welt.
Zweimal mit diesen Leuten Kontakt gehabt. 
Zweimal nur tolle Erfahrungen gemacht.
Danke Euch heute noch.

Zum Bahnhof nun und Richtung Aachen.
Mein versprochenes Fahrrad und die Wolldecke wartete.

Dachte ich.

Es wurde mir ein Soldat an die Seite gestellt.
Zum Bahnhof schon.
Auch ohne Handschellen diesmal. 
Wir beide in einen Zug.
Nur, nicht Richtung Köln.
Nein, Richtung Frankfurt !!!!!!!
An der Demarkationslinie stieg der Soldat aus, und ich fuhr weiter.

So kam es, das ich 11 Tage später wieder in der Bahnhofshalle vom Frankfurter Hauptbahnhof stand und einen Bahnbeamten frug:
"Wo geht hier der Eilzug nach Köln?" 

Diesmal nahm ich den richtigen.

Eine neue Episode begann.

Es ging endlich aufwärts.

( Dachte ich )  





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