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Freitag, 24. April 2015

Der Gesamtbetriebsrat


Der Gesamtbetriebsrat tagte immer im Kasino Anna.

Das wurde geleitet von einem Jugoslawen. (Stefan) 
Einem sehr netten, freundlichem und netten Menschen.
Er hat danach das Hotel Zur Post in Alsdorf mit seiner Familie übernommen, das heute noch von seiner Tochter geführt wird.

Da dieses Kasino auch einen Saal hatte, fand alles andere auch dort statt.
Der Wirt war also, in gewisser Weise, vom EBV in einem wirtschaftlichen Abhängigskeitsverhältnis.
Um sich das Wohlwollen zu erhalten, hofierte er die Betriebsratsvorsitzenden mit ihren Stellvertretern wo es nur ging.
Nach jeder Sitzung wurde gegessen. (und getrunken) 
Der Wirt tat sein bestes.
Und es war es auch.

Auch wenn wir mal des Nachts um 3 Uhr aus Westfalen kamen, Stefan sass, halbverschlafen, an einem für uns aufgebautem Buffett und bediente uns.


Jedes Jahr gab es eine interne Aufsichtsratssitzung.
Danach eine Aktionärsversammlung.
Dann der Bericht an den Gesamtbetriebsrat um dessen Zustimmung zu bekommen.
Das nächste war dann die öffentliche Veranstaltung für die Mitarbeiter des EBV

Das erste Jahr sass ich da wie Mulleken doof.
Vorn die Herren des Vorstandes.
An einem grossen Tischoval die Betriebsräte.

Aber ich sah auch bei meinen Kollegen, das unverhohlene Desinteresse.
Es wurde war debattiert.
Abgestimmt.
Alle fühlten sich unheimlich wichtig, aber es ging auch eigentlich immer sehr rasch.
Zum Schluss der Jahresabschlussbericht
Er lag auch gedruckt vor den rd. 30-40 Betriebsräten des Konzerns.
Zahlen und Worte.
O.k.
Danach wurde gefressen.

Ich hatte ein Jahr Zeit, bis zur nächsten Veranstaltung, um mich mit  den Feinheiten einer Jahresabschlussbilanz vertraut zu machen.

Im nächsten Jahr hörte ich nun genauer hin.
Es war eigentlich üblich, das zu den einzelnen Punkten des Vorstandes per Akklamation abgestimmt wurde.

Da hörte ich zum Beispiel:
Der Herr Direktor Bellingroth möchte wieder einmal seine Parkanlage vor seiner Villa neu kultiviert haben.
Kostenpunkt: zig Tausende Mark.
Der Herr Direktor Bellingroth möchte seine Bad- und Toilettenräume umbauen lassen und beheizte Toilettensitze einbauen lassen.
Kostenpunkt: etliche Tausend Mark.
Im nächsten Punkt sollte aus Sparsamkeitsgründen das kostenlose kleine Stück Seife was der untertage Bergmann nach der Schicht bekam, halbiert werden, um Kosten zu sparen.     

Bitte?????

Und alles, wie vieles andere auch, ging reibungslos, ohne Einwand über die Bühne.

Ich begann Betriebsräte mit ganz anderen Augen zu sehen.

Dann wurde bekannt gegeben !!!! das man beschlossen hatte, soundsoviel Millionen als Rücklage für die Witwen verstorbener Aufsichtsratsmitglieder abzuzweigen.
Man muss dazu bemerken. Ein Aufsichtsratsmitglied des EBV habe ich in meinem ganzen Leben nie zu Gesicht bekommen.
Und nun dessen eventuelle Witwen?
Vielleicht haben die Griechen das von uns übernommen?
Es waren alles Herren aus Politik, Wirtschaft, Presse und Rundfunk.
Auf gut Deutsch: Lobbyisten.
Ich weiss nicht, nach welchen Gesichtspunkten die ausgewählt waren und bezahlt wurden.

Im selben Atemzug wurde aber, auf Grund der schlechten Ertragslage, ein bilanzierter Geschäftsverlust in Höhe von 
7 Mio Mk. ausgewiesen.
Mit der Bemerkung, die Herren Betriebsräte mögen doch politisch mehr Druck ausüben damit die Regierung noch mehr Zuschüsse zahlt.

Als ich nun das von den Witwen hörte, meldete ich mich zu Wort und bat doch  mal um Aufklärung weil mir manches nicht geheuer vorkam.
Herr Dr. Horn als Boss da vorn war so konsterniert, das er nach Getuschel und Rückfragen bei einigen Herren seines Stabes und mit deren Zustimmung mir irgend etwas schwammiges erzählte.
Das war auch in Ordnung so, denn ich hatte ihn überrumpelt.
Viel schlimmer war aber die Reaktion meiner Betriebsratskollegen.
Diese fielen mir ins  Wort, erklärten mir, das ich davon nichts verstehe, und ein Satz der mich bis heute noch nervt: " es war immer so"  und im übrigen sie Hunger hätten und das Gelage schon überfällig wäre.

Ich sah ab diesem Tage auch Betriebsvorsitzende  mit etwas anderen Augen.

Nicht umsonst, haben manche aus diesem Kreis später in der Kommunalpolitik ihren Platz gefunden oder sind sonstwo sehr gut untergekommen.
Warum fällt mir da gerade der von VW so ein?

Ich aber, war auch hier, nie der Mann der zu ihnen passte und gehörte.
Vor allem konnte und kannte ich nicht genügend Thekenlieder um lautstark mit zu brüllen.

Auch hier war ich ein Aussenseiter.
Diese Schlacht hatte ich zwar verloren, aber der Krieg war noch lange nicht zu Ende.

Im übrigen sagte man mir:
Ein bequemer Arbeitnehmer bist du nicht.
Ich fasste das als Lob auf und richtete mich fortan danach .
Es kam ja ein nächstes Jahr.


 .  

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